Sunday, July 21, 2024

Christian Stieff on Kristina's appearance, parents, upbringing, and coming to power in fact as well as in name at age eighteen

Source:

Leben der Weltberühmten Königin Christina von Schweden nach denen geheimesten intrigven und merckwürdigsten umständen mit möglichstem fleiße entworffen, pages 3 to 15, by Christian Stieff, 1705


The account:

Es ist die grosse Königin Christina den 8 December des 1626sten jahres gebohren worden. Jhr Hr. vater war der welt-berühmte held König Gustavus Adolphus von Schweden; die frau mutter Maria Eleonora / eine tochter Churfürst Johannis Sigismundi von Brandenburg. Jhre leibes- und gemüths-qualitäten betreffend / so ist kein zweiffel / daß sie mit denen letzten reichlicher als denen ersten begabet gewesen. Denn ob sie schon sehr klare haut / schöne augen und zähne / rothe lippen und einen kleinen mund gehabt / so ist sie doch hingegen ziemlich starck von leibe gewesen / auch über dieses durch eine hohe hüffte und gebognen rücken nicht wenig verstellet worden. Jhren humeur belangend / hat der autor eines Frantzösischen tractätgens / so unter dem titul: "le Genie de Christine" vor geraumer zeit in druck kommen / (welcher einiger meynung nach Mons. Chevreau seyn soll) nicht uneben davon geschrieben / daß darinnen Minerva, Mars, Venus und Mercurius auff gewisse masse zusammen regieret. Denn wie man an einem theil ihr allerdings zugestehen muß / daß sie sehr großmüthig und behertzt / auch mit einem gantz ungemeinen verstande / und solcher gelehrsamkeit / dergleichen nicht allein bey grossen Herren und frauenzimmer / sondern durchgehends nicht viel anzutreffen / begabt gewesen; so kan man doch hingegen andern theils auch nicht läugnen / daß sie jederzeit ein sehr unbeständiges und veränderliches gemüth gehabt / wie dessen ihr gantzes leben / sonderlich aber die auffgebung ihrer regierung / die veränderung ihrer religion / ihrer favoriten / Graf Magnus de la Gardie, Marquis Monaldeschi, Bourdelot, und andere ein satsames zeugnis geben können. Was für ein ascendant Venus über sie gehabt / ist nicht vor nöthen hier anzuführen / weil doch dasselbe aus demjenigen / so von ihr erzehlet werden soll / schon einiger massen abzunehmen seyn wird. Jhren Hrn. vater hat sie in zarter kindheit verlohren / als welcher / nachdem er mit seinen siegreichen waffen in Teutschland von der Ost-see an biß an den Rheinstrom durchgedrungen / und so gar an besagtem flusse sich vieler orte bemächtiget / bey seinem blühenden glücke und besten jahren in dem berühmten treffen bey Lützen / da er (wie ein berühmter Frantzösischer Scribent von seinem tode nicht uneben schreibet) den degen in der faust / das commando in dem munde / und den bevorstehenden sieg schon in denen gedancken führete / med. Novemb. des 1632sten jahres geblieben. ...

Gleichwol hat die Königl. Schwedische armee / dieses betrübten falls ungeachtet / unter anführung Hertzog Bernhards von Sachsen-Weimar die wahl-statt behauptet / und einen herrlichen sieg wider die Kayserl. befochten / daß also das glücke / welches den hochseligsten König bißhero bey so vielen gefährlichen entreprisen begleitet / ihn auch im tode nicht verlassen / sondern vielmehr einem so berühmten helden durch die grosse niederlage der feindlichen armee ein ewigwährendes monument in den andencken der nachwelt aufrichten wollen / und von ihm auff der begräbniß-müntze mit gutem recht gesaget worden:

"Stans, acie pugnans, vivens moriensque triumphat:"

Welche worte fast eben den verstand haben / den seine hinterlassene Frau wittwe unter sein bildniß in folgenden versen mit eigner hand verzeichnet hat:

"Sein tugend und ehr / und tapffer unsterblich that
Jm leben und tod mit triumph gesieget hat."

Es ist sein tod damahls vielen einige zeit gantz unglaublich vorkommen / und hat man anfangs spargiren wollen / er habe sich heimlich nach Schweden begeben / frische völcker von dar abzuholen / und zu sehen / wie die alliirten protestirende Stände sich inzwischen bezeigen würden; worzu denn nicht wenig beygetragen / daß der todts cörper des Königs von denen pferden im gesichte sehr zutreten und also etwas unkänntlich gewesen / gestalt denn so gar allerhand ursachen pro & contra, ob er warhaftig todt oder nicht / in öffentlichen druck kommen; allein der ausgang hat die warheit von seinem tödtlichen hintritt mehr als zu viel bezeuget. Der verblichene leichnam ist nach Schweden übergeführet und zu Stockholm in der kirche auf dem Ritterholm begraben / auch ihm ein prächtig grabmahl aufgerichter worden...

Nun hatte zwar der hochseligste König schon vormahls A. 1627 von denen versammleten Reichs-Ständen erhalten / daß selbige sich der zukünfftigen succession halber folgender massen erkläret: "Und weil uns das vornehmen unsers feindes schon längst verkundschafftet / daß er nemlich durch zukünfftigen tödlichen abgang ihrer Königlichen Majestät nicht wenig hoffnung und vertrauen bekommen / und ihrer viel von dem gemeinen volck den artickul von der erbvereinigung / A. 1604 mit denen Reichsständen getroffen / nicht wohl verstehen / so haben wir freywillig und mit reissem rath eben disse erb-vereinigung wiederholen / erklären und allen zu frischem gedächtniß führen wollen. Verpflichten uns derowegen wir samt und sonderlich / so wohl gegenwärtige als abwesende / so da noch leben oder leben möchten / da Jhre Königl. Majest. ohne männliche leibes-erben mit tode abgiengen / daß wir die durchlauchtigste Fräulein Christinam, der Schweden / Gothen und Wenden Princeßin / für unsre Erb-Fürstin erkennen / und bey aller Jhrer Königl. Majest. rechte nach dem erb-vereinigungs-schluß und denen rechten des Königreichs Schweden / die da unserer gethanen pflicht nicht zuwider / schützen wollen." Allein / weil sie damahls noch nicht einmahl das sechste jahr ihres alters erfüllet / und demnach zur regierung noch nicht tüchtig war / so ward die administration des Reichs / biß die Königin zu ihren mündigen jahren kommen / denen fünf hohen Reichs-ämtern / dem Drotzet Gabriel Gustavson Oxenstirn / dem Feldherrn Jacob de la Gardie, dem Reichs-Admiral Carl Güldenstern [sic] / dem Reichs-Cantzlar Axel Oxenstirn und Reichs-schatzmeister Gabriel Bengson Oxenstirn / dergestalt / daß sie solche mit zuziehung der Reichs-Räthe führen solten / aufgetragen / und des verstorbenen Königs hinterlassene frau wittwe gäntzlich davon ausgeschlossen / ja man hat ihr nicht einmahl die aufferziehung der Königin anvertrauen wollen / sondern selbige Princeßin Catharinen / Königs Gustavi Adolphi frauen schwester / Pfaltzgraf Johann Casimirs von Zweybrücken Gemahlin / überlassen / welche solche biß an ihr ende und auff das 1639ste jahr geführet; da man denn auch nach ihrem tode die frau mutter dennoch wieder übergangen / und andre vornehme Matronen aus denen vornehmsten familien dazu gezogen worden / denen man sonderlich eingebunden / die junge Königin bey zeiten daran zu gewehnen / daß sie sich nicht allzusehr auff einen allein verlassen / und demselben allzuviel trauen solte. Die ursachen / warum man die frau mutter so gar hindan gesetzt / waren / weil sie / der Schweden vorgeben nach / einen grossen widerwillen gegen die Schwedische Nation iederzeit gewiesen / und von selbigen durchaus keinen unter ihren bedienten leiden wollen / auch mit der Cron Dännemarck und andern Potentaten correspondentz unterhalten / so denen Reichs-Räthen etwas bedencklich vorkam / und hatte man sonderlich zu besorgen / daß sie der jungen Königin dergleichen widrige impressiones von ihren unterthanen beybringen möchte. Wie schwer nun dieses der verwittibten Königin zu gemüthe gangen / ist leicht zu ermessen. Jnzwischen hat sie doch müssen geschehen lassen / was nicht zu ändern stunde / wiewohl mit solchem verdruß / daß sie endlich gar sich resolviret / Schweden zu verlassen / und sich nach Dännemarck zu begeben / welches sie auch auf eine sonderliche art ins werck gerichtet. Denn sie schloß sich etliche zeit zuvor manchmahl nebst etlichen wenigen kammer-fräulein / unterm vorwand / daß sie einen fasttag halten wolte / auff dem schlosse zu Gripsholm in ein zimmer ein / daraus man auff den schloß-garten kommen konte. Nachdem sie nun solches eine weile getrieben / und diejenigen / so man ihr zur aufwartung zugeordnet / dessen gantz gewohnet waren / und sich keine gedancken mehr darüber machten / sie hingegen alles unter der hand zu ihrer abreise fertig machen lassen / stellte sie abermahl eine fünfftägige faste an / und nahm niemanden zu sich / als ein Fräulein von Bülau; allein / die folgende nacht stieg sie unvermerckt in den garten hinunter / und begab sich an das wasser / da denn schon ein nachen fertig stund / mit welchem sie sich auff die andre seite übersetzen ließ / und von dar mit abgewechselten pferden nach Niecoping eilte / alda sie sich auff ein Dänisches both setzte / auff welchem sie nach Gotland überfuhr / woselbst sie zwey Königl. Dänische kriegs-schiffe / so allem ansehen nach zu dem ende daselbst warteten / fand / und mit selbigen sich nach Dännemarck begab. Allein / die Schweden empfanden diese unvermuthete abreise so übel / daß sie nicht allein ihr leib-gedinge einzogen / sondern auch sie aus dem öffentlichen gebete ließen / und hat sie nach dem sich ausser dem Königreich aufgehalten / biß auf die zeit / da die Königin Christina gekrönet wurde / da sie endlich wieder zurücke gekehret / und die übrige zeit ihres lebens in Schweden zugebracht.

Jnzwischen lebte ihre tochter die Königin Christina unter aufsicht derjenigen Damen / die zu ihrer auferziehung verordnet waren / und gleichwie sie mit einem ungemeinen verstande und fähigem ingenio von GOTT begabet war / also nahm sie unter anführung ihres Præceptoris Johannis Matthiæ, so hernachmahls Bischoff zu Stregnes worden / in allen guten künsten und wissenschafften bey jungen jahren dermassen zu / daß nicht allein ihre unterthanen / sondern gantz Europa sich darüber verwunderten. Gestalt sie denn in ihrem achtzehenden jahre schon den Thucydidem und Polybium in ihrer eigenen sprache gelesen / und über diese so wohl als andre autores so zu discuriren gewust / daß jederman darüber erstaunet. Nachdem sie das achtzehende jahr ihres alters erfüllet / gaben die bißherigen vormünder am 7 Dec. des 1644 jahres ihre administration auff / und überliessen die regierung der Königin / welche solche darauff übernahm / und ward zum andencken dieses actus ein schaustücke geschlagen / auff welchem auff der einen seiten die Königin / und die fünff hohen Reichs-ämter mit denen Reichs-insignibus samt vier Deputirten von denen vier Reichs-ständen zu sehen / mit der beyschrifft:

"Imperium proles Gustavi Maxima Magni
Suscipit, innumeris vivat Christina triumphis."

Auff der andern seiten ward die kurtz vorher wider die Dänen erhaltene victorie zur see abgebildet / mit der unterschrifft:

"Augustæ, prendit dum sceptra potentia, lauro
Cingit sacratum Balthica pugna caput."

With modernised spelling:

Es ist die große Königin Christina den 8. Dezember des 1626sten Jahres gebohren worden. Ihr Herr Vater war der weltberühmte Held König Gustavus Adolphus von Schweden; die Frau Mutter Maria Eleonora, eine Tochter Kurfürst Johannis Sigismundi von Brandenburg. Ihre Leibes- und Gemütsqualitäten betreffend, so ist kein Zweifel, dass sie mit denen Letzten reichlicher als denen Ersten begabet gewesen, denn ob sie schon sehr klare Haut, schöne Augen und Zähne, rote Lippen und einen kleinen Mund gehabt, so ist sie doch hingegen ziemlich stark von Leibe gewesen, auch über dieses durch eine hohe Hüfte und gebogenen Rücken nicht wenig verstellet worden.

Ihren Humör belangend, hat der Autor eines französischen Traktätchens, so unter dem Titel: "Le génie de Christine", vor geraumer Zeit in Druck kommen (welcher einiger Meinung nach Monsieur Chevreau sein soll) nicht uneben davon geschrieben, dass darinnen Minerva, Mars, Venus und Merkurius auf gewisse Maße zusammen regieret. Denn wie man an einem Teil ihr allerdings zugestehen muss, dass sie sehr großmütig und behertzt, auch mit einem ganz ungemeinen Verstande und solcher Gelehrsamkeit, dergleichen nicht allein bei großen Herren und Frauenzimmer, sondern durchgehends nicht viel anzutreffen, begabt gewesen; so kan man doch hingegen andern Teils auch nicht leugnen, dass sie jederzeit ein sehr unbeständiges und veränderliches Gemüt gehabt, wie dessen ihr ganzes Leben, sonderlich aber die Aufgebung ihrer Regierung, die Veränderung ihrer Religion, ihrer Favoriten, Graf Magnus de la Gardie, Marquis Monaldeschi, Bourdelot, und andere, ein sattsames Zeugnis geben können.

Was für ein Aszendant Venus über sie gehabt, ist nicht vor Nöten hier anzuführen, weil doch dasselbe aus demjenigen, so von ihr erzählet werden soll, schon einigermaßen abzunehmen sein wird. Ihren Herren Vater hat sie in zarter Kindheit verloren, als welcher, nachdem er mit seinen siegreichen Waffen in Deutschland von der Ostsee an bis an den Rheinstrom durchgedrungen, und so gar an besagtem Flusse sich vieler Orte bemächtiget, bei seinem blühenden Glücke und besten Jahren in dem berühmten Treffen bei Lützen, da er (wie ein berühmter französischer Skribent von seinem Tode nicht uneben schreibt) den degen in der Faust, das Kommando in dem Munde, und den bevorstehenden sieg schon in denen Gedanken führte, med. novembris des 1632sten Jahres geblieben. ...

Gleichwohl hat die königliche schwedische Armee dieses betrübten Falls ungeachtet, unter Anführung Herzog Bernhards von Sachsen-Weimar die Wahlstaat behauptet, und einen herrlichen Sieg wider die Kaiserlichen befochten, dass also das Glücke, welches den hochseligsten König bishero bei so vielen gefährlichen Entreprisen begleitet, ihn auch im Tode nicht verlassen, sondern vielmehr einem so berühmten Helden durch die große Niederlage der feindlichen Armee ein ewigwährendes Monument in den Andenken der Nachwelt aufrichten wollen, und von ihm auf der Begräbnismünze mit gutem Recht gesagt worden:

"Stans, acie pugnans, vivens moriensque triumphat."

Welche Worte fast eben den Verstand haben, den seine hinterlassene Frau Wittwe unter sein Bildnis in folgenden Versen mit eigener hand verzeichnet hat:

"Sein Tugend und Ehr, und tapfer unsterblich Tat
Im Leben und Tod mit Triumph gesiegt hat."

Es ist sein Tod damals vielen einige Zeit ganz unglaublich vorkommen, und hat man Anfangs spargieren wollen, er habe sich heimlich nach Schweden begeben, frische Völker von da abzuholen, und zu sehen, wie die allierten protestierende Stände sich inzwischen bezeigen würden; wozu denn nicht wenig beigetragen, dass der Tods Körper des Königs von denen Pferden im Gesichte sehr zutreten und also etwas unkänntlich gewesen, Gestalt denn so gar allerhand Ursachen pro et contra, ob er wahrhaftig Tod oder nicht, in öffentlichen Druck kommen; allein der Ausgang hat die Wahrheit von seinem tödlichen Hintritt mehr als zu viel bezeugt. Der verblichene Leichnam ist nach Schweden übergeführt und zu Stockholm in der Kirche auf dem Riddarholm begraben, auch ihm ein prächtig Grabmal aufgerichter worden...

Nun hatte zwar der hochseligste König schon vormals anno 1627 von denen versammelten Reichsständen erhalten, dass selbige sich der zukünftigen Sukzession halber folgendermaßen erklärt: "Und weil uns das vornehmen unsers Feindes schon längst verkundschaftet, dass er nämlich durch zukünftigen tödlichen Abgang Ihrer Königlichen Majestät nicht wenig Hoffnung und Vertrauen bekommen, und ihrer viel von dem gemeinen Volk den Artikel von der Erbvereinigung, anno 1604 mit denen Reichsständen getroffen, nicht wohl verstehen, so haben wir freiwillig und mit reißem Rat eben deise Erbvereinigung wiederholen, erklären und allen zu frischem Gedächtnis führen wollen. Verpflichten uns derowegen wir samt und sonderlich, so wohl gegenwärtige als abwesende, so da noch leben oder leben möchten, da Ihre Königliche Majestät ohne männliche Leibeserben mit Tode abgingen, dass wir die durchlauchtigste Fräulein Christinam, der Schweden, Gothen und Wenden Prinzessin, für unsere Erbfürstin erkennen, und bei aller Ihrer Königliche Majestäts Rechte nach dem Erbvereinigungsschluss und denen Rechten des Königreichs Schweden, die da unserer getanen Pflicht nicht zuwider, schützen wollen."

Allein, weil sie damals noch nicht einmal das sechste Jahr ihres Alters erfüllt, und demnach zur Regierung noch nicht tüchtig war, so ward die Administration des Reichs, bis die Königin zu ihren mündigen Jahren kommen, denen fünf hohen Reichsämtern: dem Drost Gabriel Gustafsson Oxenstiern; dem Feldherrn Jakob de la Gardie; dem Reichsadmiral Carl Gyllenstiern [sic]; dem Reichskanzler Axel Oxenstiern; und Reichsschatzmeister Gabriel Bengtsson Oxenstiern, dergestalt, dass sie solche mit Zuziehung der Reichsräte führen sollten, aufgetragen — und des verstorbenen Königs hinterlassene Frau Wittwe gänzlich davon ausgeschlossen, ja man hat ihr nicht einmal die Auferziehung der Königin anvertrauen wollen, sondern selbige Prinzessin Katharinen, Königs Gustavi Adolphi Frauen Schwester, Pfalzgraf Johann Casimirs von Zweibrücken Gemahlin, überlassen; welche solche bis an ihr Ende und auf das 1639ste Jahr geführt, da man denn auch nach ihrem Tode die Frau Mutter dennoch wieder übergangen, und andre vornehme Matronen aus denen vornehmsten Familien dazu gezogen worden, denen man sonderlich eingebunden, die junge Königin bei Zeiten daran zu gewöhnen, dass sie sich nicht allzusehr auf Einen allein verlassen, und demselben allzuviel trauen sollte.

Die Ursachen, warum man die Frau Mutter sogar hinan gesetzt, waren, weil sie, der Schweden vorgeben nach, einen großen Widerwillen gegen die schwedische Nation iederzeit gewiesen, und von selbigen durchaus keinen unter ihren Bedienten leiden wollen; auch mit der Kron Dänemark und andern Potentaten Korrespondenz unterhalten, so denen Reichsräten etwas bedenklich vorkam, und hatte man sonderlich zu besorgen, dass sie der jungen Königin dergleichen widrige impressiones von ihren Untertanen beibringen möchte. Wie schwer nun dieses der verwittibten Königin zu Gemüte gangen, ist leicht zu ermessen.

Inzwischen hat sie doch müssen geschehen lassen, was nicht zu ändern stunde, wiewohl mit solchem Verdruss, dass sie endlich gar sich resolvieret, Schweden zu verlassen, und sich nach Dänemark zu begeben, welches sie auch auf eine sonderliche Art ins Werk gerichtet. Denn sie schloß sich etliche Zeit zuvor manchmal nebst etlichen wenigen Kammerfräulein, unterm Vorwand, dass sie einen Fasttag halten wollte auf dem Schlosse zu Gripsholm in ein Zimmer ein, daraus man auf den Schlossgarten kommen konnte. Nachdem sie nun solches eine Weile getrieben, und diejenigen, so man ihr zur Aufwartung zugeordnet, dessen ganz gewohnt waren, und sich keine Gedanken mehr darüber machten, sie hingegen alles unter der Hand zu ihrer Abreise fertig machen lassen, stellte sie abermal eine fünftägige Faste an, und nahm niemanden zu sich, als ein Fräulein von Bülow allein.

Die folgende Nacht stieg sie unvermerkt in den Garten hinunter und begab sich an das Wasser, da denn schon ein Nachen fertig Stund, mit welchem sie sich auf die andre Seite übersetzen ließ, und von dar mit abgewechselten Pferden nach Nyköping eilte, allda sie sich auf ein dänisches Boot setzte, auf welchem sie nach Gotland überfuhr, woselbst sie zwei königliche dänische Kriegsschiffe, so allem Ansehen nach zu dem Ende daselbst warteten fand, und mit selbigen sich nach Dänemark begab.

Allein die Schweden empfanden diese unvermutete Abreise so übel, dass sie nicht allein ihr Leibgedinge einzogen, sondern auch sie aus dem öffentlichen Gebete ließen, und hat sie nach dem sich außer dem Königreich aufgehalten, bis auf die Zeit, da die Königin Christina gekrönt wurde, da sie endlich wieder zurückgekehrt, und die übrige Zeit ihres Lebens in Schweden zugebracht.

Inzwischen lebte ihre Tochter die Königin Christina unter Aufsicht derjenigen Damen, die zu ihrer Auferziehung verordnet waren, und gleichwie sie mit einem ungemeinen Verstande und fähigem ingenio von Gott begabt war, also nahm sie unter Anführung ihres præceptoris Johannis Matthiæ, so hernachmals Bischof zu Strängnäs worden, in allen guten Künsten und Wissenschaften bei jungen Jahren dermaßen zu, dass nicht allein ihre Untertanen, sondern ganz Europa sich darüber verwunderten. Gestalt sie denn in ihrem achtzehnden Jahre schon den Thucydidem und Polybium in ihrer eigenen Sprache gelesen, und über diese so wohl als andre autores, so zu diskurieren gewusst, dass jedermann darüber erstaunt.

Nachdem sie das achtzehnde Jahr ihres Alters erfüllt, gaben die bisherigen Vormünder am 7. Dezember des 1644 Jahres ihre Administration auf und überliessen die Regierung der Königin, welche solche darauf übernahm, und ward zum Andenken dieses actus ein Schaustücke geschlagen, auf welchem auf der einen Seiten die Königin und die fünf hohen Reichsämter mit denen Reichsinsignibus, samt vier Deputierten von denen vier Reichsständen, zu sehen, mit der Beischrift:

"Imperium proles Gustavi maxima magni suscipit, innumeris vivat Christina triumphis."

Auf der andern Seiten ward die kurz vorher wider die Dänen erhaltene Viktorie zur See abgebildet, mit der Unterschrift:

"Augustæ, prendit dum sceptra potentia, lauro cingit sacratum Baltica pugna caput."

English translation (my own):

The great Queen Kristina was born on December 8th, 1626. Her father was the world-famous hero king Gustav Adolf of Sweden; her mother was Maria Eleonora, a daughter of Elector Johannes Sigismund of Brandenburg. As for her physical and mental qualities, there is no doubt that she was more endowed with the latter than the former, for although she had very clear skin, beautiful eyes and teeth, red lips and a small mouth, she was nevertheless quite strong in body, and this was not a little disguised by high hips and a curved back.

Regarding her sense of humour, the author of a little French treatise entitled "Le génie de Christine" (who is believed by some to be Monsieur Chevreau) wrote not inconsiderately that Minerva, Mars, Venus and Mercury ruled together in a certain degree in her. For while one must admit that she was very generous and courageous, and also gifted with an extraordinary understanding and such learning, the likes of which are not only found in great men and women, but in general, one cannot deny, on the other hand, that she always had a very fickle and changeable disposition, of which her whole life, but especially the abandonment of her government, the change of her religion, her favourites, Count Magnus de la Gardie, Marquis Monaldeschi, Bourdelot, and others, can give ample evidence.

It is not necessary to state here what kind of ascendant Venus had over her, since it can be deduced to some extent from what is to be told about her. She lost her lordly father in tender childhood, when, after he had penetrated with his victorious arms into Germany from the Baltic Sea to the Rhine, and even taken control of many places along the said river, he died in his prime in the famous Battle of Lützen, when (as a famous French writer writes not inaccurately of his death) he had sword in his fist, the command on his lips, and the impending victory already in his thoughts, in November 1632. ...

Nevertheless, despite this sad event, the royal Swedish army, under the leadership of Duke Bernhard of Saxe-Weimar, maintained the electoral state and fought a glorious victory against the imperial forces, so that the luck that had accompanied the late King in so many dangerous undertakings did not desert him even in death, but rather wanted to erect an everlasting monument to such a famous hero in the memory of posterity through the great defeat of the enemy army, and it was rightly said of him on the funeral coin:

"Stans, acie pugnans, vivens moriensque triumphat."

These words have almost the same meaning as those that his surviving wife, the widow, wrote with her own hand under his portrait in the following verses:

"Sein Tugend und Ehr, und tapfer unsterblich Tat
Im Leben und Tod mit Triumph gesiegt hat."

His death seemed quite unbelievable to many for a while, and at first people wanted to speculate that he had secretly gone to Sweden to fetch fresh troops from there and to see how the allied Protestant states would behave in the meantime; this was not a little helped by the fact that the King's body had been badly beaten by the horses in the face and was therefore somewhat unrecognisable, and all sorts of reasons for and against whether he was really dead or not were put under public pressure; but the outcome more than amply testified to the truth of his fatal demise. The deceased body was brought to Sweden and buried in Stockholm in the church at Riddarholm, and a magnificent tomb was erected for him...

Now the late King had already received from the assembled Estates of the Realm in 1627 that they made the following declaration regarding the future succession:

"And because the intention of our enemy has long since been made known to us, namely that he will gain no little hope and confidence from the future death of His Royal Majesty, and because many of the common people do not understand the article of the Hereditary Union, which was agreed on with the Estates of the Realm in 1604, we have voluntarily and with great advice repeated this hereditary union, explained it and brought it to everyone's attention. We therefore undertake, all and sundry, both present and absent, who are still alive or who might be alive when Her Royal Majesty died without a male heir, that we recognise the most Serene Lady Kristina, Princess of the Swedes, Goths and Vandals, as our heir apparent, and wish to protect with all of Her Royal Majesty's rights under the hereditary union and the rights of the Kingdom of Sweden, which do not conflict with our duty."

However, because she had not yet reached her sixth year of age and was therefore not yet fit to govern, the administration of the realm was entrusted, until the Queen came of age, to the five high imperial officers: the Grand Steward Gabriel Gustafsson Oxenstierna; the Field Marshal Jakob de la Gardie; the Grand Admiral Carl Gyllenstierna [sic]; the Grand Chancellor Axel Oxenstierna; and the Grand Treasurer Gabriel Bengtsson Oxenstierna, in such a way that they should conduct it with the assistance of the councilmen of the Realm — and the widow of the deceased King was completely excluded from it, indeed, they did not even want to entrust her with the upbringing of the Queen, but left it to Princess Katarina, King Gustav Adolf's lady sister, Count Palatine Johan Kasimir of Zweibrücken's wife, who conducted it until her death and until the year 1639, when even after her death the mother was again passed over and other noble matrons from the most distinguished families were called in, who were specially obliged to accustom the young Queen in time not to rely too much on one person alone or to trust her too much.

The reasons why the mother was even put up were because, according to the Swedes, she had always shown great hostility towards the Swedish nation and did not want to tolerate any of them among her servants; she also maintained correspondence with the Crown of Denmark and other potentates, which seemed somewhat dubious to the councilmen, and there was particular concern that she might give the young Queen such negative impressions of her subjects. It is easy to imagine how difficult this must have been for the widowed Queen.

In the meantime, she had to let what could not be changed happen, albeit with such annoyance that she finally decided to leave Sweden and go to Denmark, which she also set in motion in a special way. For some time before, she and a few of her chambermaids had sometimes locked themselves in a room at Gripsholm Castle, from which they could go out into the castle garden, under the pretext that she wanted to observe a day of fasting. After she had done this for a while, and those who had been assigned to attend to her were quite used to it and no longer thought about it, but she had secretly got everything ready for her departure, she again went on a five-day fast and took no one with her except a Lady von Bülow alone.

The following night she went down into the garden unnoticed and went to the water, where a boat was already ready, with which she was taken across to the other side, and from there she hurried with a change of horses to Nyköping, where she boarded a Danish boat, on which she crossed to Gotland, where she found two royal Danish warships, which were apparently waiting there for the purpose, and with them she went to Denmark.

But the Swedes took this unexpected departure so badly that they not only confiscated her dower estate, but they also struck her from public prayers, and after that she stayed outside the kingdom until the time when Queen Kristina was crowned, when she finally returned and spent the rest of her life in Sweden.

Meanwhile, her daughter Queen Kristina lived under the supervision of the ladies who had been appointed to educate her, and as she was gifted by God with an extraordinary understanding and capable ingenuity, so under the guidance of her preceptor Johannes Matthiæ, who later became Bishop of Strängnäs, she advanced in all the good arts and sciences at a young age to such an extent that not only her subjects, but all of Europe, were astonished. Indeed, by the time she was eighteen she had already read Thucydides and Polybius in their own language and was able to discuss them, as well as other authors, in such a way that everyone was amazed.

After she had reached the age of eighteen, her guardians gave up their administration on December 7, 1644, and left the government to the Queen, who then took it over. In memory of this act, a display piece was struck, on which on one side the Queen and the five high officers of the Realm with the insignia of the Realm, together with four deputies from the four Estates of the Realm, can be seen, with the inscription:

"Imperium proles Gustavi maxima magni suscipit, innumeris vivat Christina triumphis."

On the other side, Victory, which had recently been rescued from the Danes, was depicted at sea, with the inscription:

"Augustæ, prendit dum sceptra potentia, lauro cingit sacratum Baltica pugna caput."


Above: Kristina.


Above: Gustav Adolf and Maria Eleonora.


Above: Christian Stieff.

No comments:

Post a Comment